Aufeinander Zubewegen
Viele Firmen haben die Vorteile einer bunten Unternehmens- und Personalkultur erkannt. Geschlecht, Herkunft, Kompetenzen – Vielfalt zählt. Und doch ist die Teilhabe von Menschen mit Behinderung in der Arbeitswelt nach wie vor von der Bereitschaft zum Miteinander abhängig.
Mit weitreichenden Integrations- und Betreuungsmaßnahmen hilft das bbw dabei, die berufliche Rehabilitation psychisch und physisch beeinträchtigter Menschen zu fördern. Angefangen bei bedarfsgerechten Ausbildungsmaßnahmen über individuelle Beratungsleistungen – bis hin zur Betreuung in Spezialeinrichtungen und Trainingszentren.
Unabhängig und stark gefragt
Schon um 8 Uhr klingelt das Telefon. Der Anrufer möchte wissen, wie er Unterstützung erhalten kann. Seine wöchentliche Selbsthilfegruppe trifft sich coronabedingt nicht mehr. Ann-Kathrin Tietje nimmt sich die Zeit, auf sein Anliegen, die Sorgen und Fragen einzugehen.
In aller Offenheit spricht der 40-Jährige darüber, wie die Pandemie sein Leben als Krebserkrankter belastet. Er weiß, dass am anderen Ende eine Peer-Beraterin sitzt. Wörtlich übersetzt: eine Gleichgestellte, Ebenbürtige. Auch Frau Tietje lebt mit einer ähnlichen Beeinträchtigung. In der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) der gfi in Schweinfurt berät sie Personen mit Einschränkungen in allen Fragen rund um Arbeits- oder Alltagsprobleme.
Info gfi
Viele Anrufer*innen leiden aufgrund der Kontaktbeschränkungen unter Vereinsamung. Andere klagen über Panikattacken beim Tragen von Mund-Nasenschutz und informieren sich über Ausnahmeregelungen. Vor allem sind es aber Fragen zu Antragstellungen oder zum beruflichen Neuanfang, mit denen sich die gfi-Mitarbeiter*innen konfrontiert sehen.
„Innerhalb eines Jahres haben sich die Beratungsanfragen bei uns nahezu verdreifacht. Das beweist, wie wichtig ein regionales, niederschwelliges Angebot gerade während der Pandemie ist“, betont Produktmanagerin Tatjana Tichy.
Das Netzwerk soll weiter ausgebaut werden, um noch mehr Ratsuchenden zu helfen und ihnen als Lots*innen zur Seite zu stehen. „Unser Ziel lautet, bei der Teilhabe in allen Lebensbereichen zu unterstützen“, so Dr. Doris Kühne, Leitung der EUTB Schweinfurt.
Info
Bundesweit gibt es über 500 Beratungsstellen der EUTB. Ihr besonderes Merkmal: Die Beratung erfolgt unabhängig von Kostenträgern und Leistungserbringern.
2020 wurde die Förderung des Programms durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis 2022 sichergestellt. Weitere Infos zu den Leistungen der EUTB gfi Schweinfurt finden Sie unter folgendem Link:
Info
Bundesweit gibt es über 500 Beratungsstellen der EUTB. Ihr besonderes Merkmal: die Beratung erfolgt unabhängig von Kostenträgern und Leistungserbringern.
2020 wurde die Förderung des Programms durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis 2022 sichergestellt. Weitere Infos zu den Leistungen der EUTB gfi Schweinfurt finden Sie hier.
Begleitung auf Distanz – Chancen für die berufliche Reha?
Menschen passen sich Krisen an. So erleben digitale Bildungsangebote im Zuge der Corona-Pandemie starken Aufschwung. Doch welche Perspektiven ergeben sich bei der beruflichen Rehabilitation von Menschen mit psychischen oder physischen Einschränkungen?
Diese untersuchen die Fortbildungsakademie der Wirtschaft (FAW) und die Universität zu Köln im gemeinsamen Forschungsprojekt COVaRe – Lernen von der SARS-COV2-Pandemie. Die Kernfrage lautet, wie mit alternativen Bildungs- und Beratungsformaten der gesamte Reha-Prozess flexibler gestaltet werden kann – auch über die Pandemie hinaus.
Info FAW
COVaRe: Corona Virus ambulante berufliche Rehabilitation
2 Jahre
Laufzeit
(10/2020 – 09/2022)
Förderung
Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund
Partner
Lehrstuhl für Arbeit
und berufliche Rehabilitation der Universität zu Köln
Um Menschen mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen die Teilhabe am Berufsleben zu ermöglichen, wurde bislang vorwiegend auf persönliche Betreuung und Beratung gesetzt. „Seit Beginn der Pandemie werden die Rehabilitandinnen und Rehabilitanden, von denen viele zu Corona-Risikogruppen zählen, meist virtuell begleitet“, berichtet Manfred Otto-Albrecht, Projektkoordinator aufseiten der FAW.
2020 sind zahlreiche neue Angebote entstanden, die nun wissenschaftlich ausgewertet werden. Die Teams von FAW und Uni Köln gehen davon aus, dass sich vor allem die digitalen Formate auf die Teilnehmenden unterschiedlich auswirken – je nach Art der Einschränkungen.
„Wir wollen wissen, von welchen neuen Lösungen die Beteiligten auch in Zukunft profitieren können“, so Otto-Albrecht. Zugleich erhofft er sich auch Erkenntnisse für eine noch bessere Zusammenarbeit der zahlreichen Akteur*innen des Reha-Prozesses. Die Kette reicht vom Kostenträger über Leistungserbringer wie die FAW bis hin zu den kooperierenden Unternehmen.
Info FAW
Zurück ins Leben
Info gfi
RPK: Rehabilitation psychisch Kranker
Ein sonnendurchflutetes Gebäude nahe der Innenstadt von Hof in Oberfranken. Alle 18 Einzel-Appartements sind modern ausgestattet, freundlich und hell. Genau wie die verbundenen Arbeits- und Therapiebereiche. Der „Lichthof“ ist eine Rehabilitationseinrichtung für psychisch kranke Menschen – betrieben von der gfi. Nach einer klinischen Akutversorgung und medizinischer Reha lernen sie hier, ihr eigenständiges Leben zurückzugewinnen. Dazu gehört auch, an der Gesellschaft und der Arbeitswelt teilzunehmen.
Die Einrichtung kombiniert stabilisierende Therapien mit beruflicher Reintegration. Damit soll der Kreislauf aus wiederkehrenden stationären Aufenthalten und zunehmender sozialer Ausgrenzung durchbrochen werden.
Und das gelingt der RPK Lichthof überzeugend, selbst in einem so schwierigen Jahr wie 2020. „Trotz großer Herausforderungen durch die Corona-Auflagen war unser Haus nahezu durchgängig ausgelastet. Und noch wichtiger: Fast zwei Drittel der Bewohnerinnen und Bewohner wurden erfolgreich in Beruf oder Ausbildung (re)integriert“, freut sich die zuständige Koordinatorin Andrea Völkl-Endreß. Weitere 20 Prozent nahmen an weiterführenden Eingliederungsmaßnahmen teil.
Mit festem Willen zum Erfolg
05
Erwachsene – Teilhabe
Gemeinsam den Alltag gestalten
Gesellschaft zur Förderung beruflicher und
sozialer Integration (gfi) gGmbH
Die gfi unterstützt Arbeitnehmer*innen im Sinne einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf – von frühkindlicher Betreuung über Angebote für Schüler*innen bis hin zu Hilfen für Senior*innen bei der Alltagsbewältigung.
Gegründet
1998
Geschäftsführung
Anna Engel-Köhler (Vorsitzende),
Josef Weingärtner
Tätigkeitsgebiet
bayernweit an 20 Standorten
Arbeitsfelder
_ Kinderbetreuung
_ Betreuung an Schulen
_ Familie, Erziehung, Senior*innen
_ Jugendarbeit und Beruf
_ Philosophie und Bildung
_ Arbeit und Teilhabe
_ Migration und Integration
_ Unternehmen und Services
Bildung in ganz Deutschland
Fortbildungsakademie der Wirtschaft (FAW) gGmbH
An knapp 270 Standorten in zwölf Bundesländern fördert die FAW die berufliche und soziale Entwicklung junger und erwachsener Menschen. Als Bildungs- und Personaldienstleister der Wirtschaft vermittelt sie die Teilnehmer*innen in den ersten Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. Ihre Angebote zur beruflichen Rehabilitation machen sie auch zu einem Motor der Inklusion.
Gegründet
1986
Geschäftsführung
Sandra Stenger
Tätigkeitsgebiet
265 Standorte in 12 Bundesländern,
Sitz: Köln
Arbeitsfelder (AusWahl)
_ Ambulante berufliche Rehabilitation, u. a.:
_ Berufliche Trainingszentren (BTZ) für
Menschen mit psychischen Erkrankungen
_ Berufsvorbereitung und -ausbildung
_ Berufliche Qualifizierung
_ Fachkräftesicherung
Mit festem Willen zum Erfolg
Sechs Monate lang wurde Herr H. aufgrund seiner schweren psychischen Erkrankung behandelt. Die Diagnose: unter anderem paranoide Schizophrenie und postschizophrene Depression. Das Ziel: sein Wiedereinstieg in ein Arbeitsverhältnis als Datenanalyst. Für das gewohnte Umfeld sorgt das Appartement im Lichthof.
In der Einrichtung der gfi hatten sich in nur zwei Monaten sein Selbstwert, seine Ausdauer und seine Konzentrationsfähigkeit deutlich verbessert. Selbst nachdem seine Medikamente abgesetzt wurden, schätzte Herr H. seine Belastbarkeit als ausreichend stabil ein. Er fühlte sich bereit, wieder in den Beruf zurückzukehren. Seine Motivation war entsprechend hoch.
Kurz nach dem Start seines Praktikums im Landkreis Hof erfolgte der Shutdown. Die Angst, den in Aussicht gestellten Arbeitsvertrag zu verlieren, wuchs von Woche zu Woche. Doch die Firmenleitung hielt weiter an ihrer Einstellungszusage fest, obwohl sie Kurzarbeit anmelden musste.
Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen und seiner psychischen Belastung setzte Herr H. seine Einarbeitung fort. So sicherte er sich ab Juni 2020 die Festanstellung – zunächst in Teilzeit, um seine Belastungsgrenze nicht zu überschreiten. Zum RPK Lichthof hält er bis heute regelmäßig Kontakt.
gfi
Gesellschaft zur Förderung
beruflicher und sozialer Integration
bbw
Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft